Zähneknirschen oder Bruxismus!


Kurzinfo

Das Zähneknirschen ist eine weit verbreitete Überschussaktivität des Kausystems, bei der teilweise sehr große Kräfte wirken. Es kann bereits im frühen Kindesalter in Erscheinung treten. Der Patienten selbst ist sich seiner Fehlfunktionen meist nicht bewusst, da sie sich während des Schlafens oder in extremen Konzentrationsphasen zeigen. Nicht nur die Kiefergelenke, die Kaumuskeln und die Zähne werden überbelastet und geschädigt. Auch Verspannungen im Kopf-Hals-Bereich sowie Gesichts- und Kopfschmerzen sind möglich. Verursacht wird das Zähneknirschen durch psychische Überbelastungen und ggf. störende Gleithindernisse bei Kaubewegungen. Demzufolge ist ein Einschleifen der Zähne durch den Zahnarzt bzw. eine Schienentherapie zur Entspannung und zum Schutz der Zähne sinnvoll. Auch gymnastische Übungen helfen die Kaumuskulatur zu lockern. Dem psychogenen Auslöser selbst entgegenzuwirken ist oft schwierig. Leidet der Patient nicht nur unter einer vorübergehenden Stresssituation, sollte in extremen Fällen eine Psychotherapie in Betracht gezogen werden. Denn leider entsprechen die zahnärztlichen Maßnahmen oft nur einer Vermeidung von Schäden und nicht einer Bekämpfung der Ursache. Ein zum Zähneknirschen neigender Patient sollte Zeit seines Lebens auf diese Art der Stressbewältigung sein Augenmerk legen, da sie periodisch immer wieder auftritt, dauerhafte Schäden hinterlassen kann, jedoch nur schwer zu beeinflussen ist.

Allgemeines - Definition

Zähneknirschen ist die bekannteste Form der Parafunktionen. Unter diesen versteht man Aktivitäten des Kausystems, die keinem funktionellen Zweck dienen. So zählen neben dem Zähneknirschen auch Wangen-, Lippen- und Zungenbeißen, Zähne- und Zungenpressen, sowie das Kauen auf Objekten, wie z.B. Fingernägeln, Bleistiften etc., zu diesem Funktionskomplex. Bei gezieltem Nachdenken werden sich viele Menschen mit Sicherheit bewusst werden, dass auch sie mindestens eine dieser erzwungenen Bewegungen ausführen. Trotz der erstaunlich hohen Verbreitung vieler Parafunktionen in der Bevölkerung haben sie meist keine schwerwiegenden Folgen für das orale System. Anders sieht es jedoch beim Bruxismus aus.

Mit dem medizinischen Begriff Bruxismus fasst der Zahnarzt sowohl das Zähneknirschen als auch das Zähnepressen zusammen. Auch wenn die Hauptüberschrift dieses Textes nur auf den für den Patienten bekannteren Teil hindeutet, so schließt er die Thematik des unnatürlichen Aufeinanderpressens der Zähne mit ein.

Unter Bruxismus versteht man ein außergewöhnlich langes, übermäßig starkes und nicht den natürlichen Kaubewegungen entsprechendes Aufeinanderbringen der Zähne. Es ist eine sogenannte Überschussbelastung, die nicht dem Zerkleinern von Speisen dient, sondern mit leerem Mund stattfindet. Die Zahnhartsubstanz selbst und der Zahnhalteapparat werden auf Grund der langanhaltenden Dauerbelastungen, die in dieser Form beim Kauen nicht erzielt werden, verletzt. Neben Bruxismus am Tage in geistigen Anspannungsphasen tritt er vor allem nachts auf. In der flacheren Schlafphase, dem so genannten REM (= "rapid eye movement")-Schlaf, knirscht oder presst der Betroffene die Zähne mit einer schädigenden Dauerbelastung von 50 bis 70 Sekunden pro Stunde aufeinander.

Häufigkeit

Studien haben gezeigt, dass Bruxismus in der Bevölkerung stark verbreitet ist. Bei jedem zweiten 12 Jährigen sind Veränderungen im Mundraum zu erkennen, die auf derartig erhöhte Muskelbewegungen hindeuten. Fast alle Erwachsenen zeigen Schlifffacetten an den Zähnen, die durch irgendwann durchgeführte Parafunktionen entstanden sind. 80% aller parodontal erkrankter Patienten neigen zu Bruxismus. Ihrem Zähneknirschen bewusst sind sich jedoch nur 10 bis 20 % der Betroffenen, wogegen das Zähnepressen etwas intensiver wahrgenommen wird.

Ursachen

Unter den Zahnärzten herrschte lange Zeit der Glaube, dass das Zähneknirschen durch störende Zahnkontakte beim Kauen ausgelöst werden würde. Nach deren Entfernung hätte der Bruxismus jedoch verschwinden müssen. Dies war leider nicht der Fall. Langsam entwickelte sich die korrekte Theorie, dass die Ursache im zentralen Nervensystem, im Zusammenwirken mit emotionalem Stress, als psychische Abreaktion zu finden sei. Folglich ist es auch möglich, das nächtliche Zähneknirschen als eine Form von Schlafstörung einzuordnen. Kurzzeitige familiäre, berufliche, o.ä. Stressbelastungen können unter anderem durch Bruxismus zum Ausdruck kommen. Aber auch schwerwiegendere psychische Erkrankungen bringen z.T. als Nebenbefund Parafunktionen mit sich. Stetig weitergeführte Untersuchungen deuten auf nicht nur zentralnervöse, sondern auch auf periphere Auslöser wie Parodontopathien hin.

Symptome - Diagnose

Der Betroffene selbst bemerkt das Zähneknirschen selten, da die übermäßigen Belastungen der Zähne meist unbewusst während des Schlafens ausgeführt werden. Erst wenn sich morgens regelmäßige Verspannungen in der Gesichtsmuskulatur zeigen, das Kiefergelenk, das Gesicht, der gesamte Kopf schmerzt, Zähne empfindlicher oder gelockert sind, bzw. im schlimmsten Fall ein Blick in den Spiegel bereits abgewetzte Zahnkronen offenbart, registrieren die Patienten eine Fehlbelastung der Mundregion. Oft nimmt die Kaumuskulatur einen vergrößerten Umfang ein. Zu diesem Zeitpunkt ist das Krankheitsbild in seinem Ausmaß bereits fortgeschritten. Weitaus vorteilhafter ist es, wenn das Zähneknirschen des schlafenden Patienten vom Partner oder anderen Personen wahrgenommen wird. Wird der Patient frühzeitig auf diese orale Problematik aufmerksam gemacht, können häufig schwere Schäden abgewendet werden. Leichte Überanstrengungen der Muskulatur, Kiefergelenksfehlbewegungen ohne Veränderung der natürlichen Struktur und Zähne mit leichten Schlifffacetten sind Symptome, die der Bruxismus im Anfangsstadion mit sich bringt.

Therapie

Noch ist leider keine Therapie bekannt, einen unter Bruxismus leidenden Patienten von seinen Fehlfunktionen zu befreien. Andererseits besteht die Möglichkeit, die sich aus dem Knirschen ergebenden Beschwerden zu lindern und Folgeschäden zu vermeiden. Durch den Zahnarzt speziell gefertigte Schienen, mit welchen die Zahnreihen geschützt werden, und ggf. Einschleifen störender Zahnkontakte helfen aber das Ausmaß der Fehlbelastung zu verringern. Der Betroffene sollte nicht nur nachts, sondern auch, wenn möglich, tagsüber die durchsichtige Aufbissschiene tragen. Gymnastische Übungen helfen, die Kaumuskulatur zu entspannen. Wichtig ist aber ebenso, den Patienten auf seine Problematik hinzuweisen, so dass er sich seiner Parafunktionen bewusst wird. Eine Art Kalender, in den der Patient die von ihm registrierten oralen Überaktivitäten notiert, ist oft hilfreich. Auch wenn dies am nächtlichen Zähneknirschen nichts ändert, so lassen sich aber die unbewussten Gewohnheiten während des Tages positiv beeinflussen.

 

Der Betroffene wird sensibler und übernimmt vermehrt bewusste Steuerungen. Stehen eindeutig extreme psychogene Faktoren als Ursache fest, so sollte der Zahnarzt den Patienten vorsichtig motivieren, den Weg zum Psychologen nicht zu scheuen. Der Patient profitiert oft von einer abgestimmten Zusammenarbeit beider medizinischer Fachrichtungen.

Prophylaxe

Wie bereits erwähnt, führt fast ein jeder im Laufe des Lebens Parafunktionen aus. Dass ein gewisses Ausmaß nicht überschritten wird, ist auf Grund des Auftretens im Unterbewusstsein jedoch nicht zu vermeiden. Daher kann dem Zähneknirschen anfänglich nicht vorgebeugt werden.

Prognose

Zeigen sich zu Parafunktionen neigende Patienten stets sensibel und bewusst entgegenwirkend in bezug auf ihre oralen Überaktivitäten, sind schwere Schäden im Mundraum zu vermeiden. Natürlich ist es nicht einfach, diese Aufmerksamkeit ein Leben lang zu praktizieren. Aber die Erfahrungen zeigen: wenn nicht komplexe psychogene Krankheitsbilder den Bruxismus auslösen, ist dies erfolgreich möglich.